„Die Klugheit eines Menschen lässt sich aus der Sorgfalt ermessen, mit der er das Künftige bedenkt“.
- Georg Christoph Lichtenberg[1]
Zu den herausragenden geistigen Vermögen des Menschen gehört es, Pläne zu schmieden. Ohne besondere Anstrengungen gelingt es Menschen, Vorhaben zu planen und umzusetzen. Pläne hervorzubringen ist alltägliches Handwerk eines jeden Menschen. Dabei auftretende Ungereimtheiten werden fix erkannt und wettgemacht.
Langfristig angelegte Planungsprozesse und Planungserfolge lassen sich in vorchristlichen Kulturen beobachten: Verkehrswegeplanung (bspw. Via Appia um 312 v. Chr., 540 km Länge); Befestigungsanlagen (Chinesische Mauer: begonnen 7. Jh. v. Chr., Bauzeit ca. 2000 Jahre, 21.196 km Länge); Bauwerke wie Zikkurats im südlichen Mesopotamien (ab dem 5. Jahrtausend v. Chr.), Pyramiden in Ägypten (a. 2680 bis 2180 v. Chr.) in Mesoamerika und Südamerika; Eindeichungen, Trockenlegungen, Bewässerungsprojekte usf. All dies bei - aus heutiger Sicht - begrenzten technologischen Möglichkeiten.
„Plan“ heißt seit Anfang des 18. Jh. der Grundriss eines Gebäudes, einer Stadt. Übertragen wurde daraus (2. Hälfte 18. Jh.) der Grundgedanke, das Vorhaben, die Absicht. „Planen“ bedeutet heute etwas ausarbeiten, vorhaben, sich etwas vornehmen. Das Adjektiv „planvoll“ verweist auf überlegtes und systematisches Handeln.
Planen: experimentelles Probehandeln
Planung ist zuallererst der Versuch, einen Sollzustand in der Zukunft gedanklich vorwegzunehmen und entsprechend überlegt den Weg dahin zu gestalten.
Planung ist also Vorgriff auf Zukünftiges. Kern einer Planung ist die gedankliche Vorwegnahme von Handlungsschritten, die zur Erreichung eines Sollzustandes, eines Zieles notwendig sind.
Planen, wie Denken überhaupt, ist inneres oder experimentelles Probehandeln: Mental werden viele Möglichkeiten durchgespielt. So schreibt S. Freud:
„Das Denken ist ein probeweises Handeln mit kleinen Energiemengen, ähnlich wie die Verschiebungen kleiner Figuren auf der Landkarte, ehe der Feldherr seine Truppenmassen in Bewegung setzt“.[2]
Plan und Problem
Ein Plan ist schließlich entscheidender Teil einer Problemlösung. Ein Problem, also die Defiziterfahrung bzw. der unattraktive Ist-Zustand ist nicht bewältigbar, weil es für diesen keine Routineoperationen gibt. Diese müssen erst gefunden und geplant werden.
Um die Lücke zwischen dem unattraktiven Ist-Zustand und einem wünschenswerten Soll-Zustand in der Zukunft schließen zu können, sind Pläne notwendig, die qua experimentellem Probehandeln und gedanklicher Vorwegnahme sich dem Soll-Zustand nähern.
Gedankliche Vorwegnahme
Diese gedankliche Vorwegnahme beinhaltet zwei Aufgaben: (1) Informationen müssen beschafft und verarbeitet werden; (2) unterschiedliche Interessen und Erwartungen wollen integriert und priorisiert werden.
Mit dem zweiten Punkt sind Planungen in einem soziokulturellen Kontext aufgehängt. Das bedeutet, dass Planungen in ihrem Rückbezug zu einer für das Vorhaben relevanten sozialen und kulturellen Eingebundenheit vorzunehmen sind. Zuletzt hängt der Erfolg von Planungen auch davon ab, welche Erwartungen und Vorstellungen die Planenden selbst an einen Sachverhalt knüpfen.
Im Planungsprozess sind mehrere Variablen zu berücksichtigen:
Planung ist damit auf die „Planung der Planung“, also das möglichst reibungslose und produktive Zusammenwirken aller dieser Variablen verwiesen.
Herausforderung
Das Planungsobjekt an sich kann unterschiedliche Herausforderungen bereithalten: Eine Sache ist, die Planung eines Eingriffs, einer Veränderung stabiler Sachverhalte, die konstruiert, hergestellt und /oder verändert werden sollen.
Eine andere Sache ist es, in Sachverhalte planerisch eingreifen zu wollen, die, ihrer eigenen Logik folgend, instabil, zur Selbstorganisation fähig, sich also dynamisch verhalten und komplex sind.
Nicht selten ist zu beobachten, dass in diesem letzten Fall Planungen diese Sachverhalte, ohne dies zu beabsichtigen, eher verschlechtern, denn verbessern.
Diese Gefahr wächst mit der zunehmenden Komplexität der Sachverhalte, aber auch mit der Machtlosigkeit, der am Planungsprozess Beteiligten, komplexe Sachverhalte zu durchschauen und deren Entwicklungen zu prognostizieren.
Planrevisionen
Ein Planungsprozess ist mit der Erreichung des Ziels, der Schließung der Lücke zwischen Ist-Zustand und Soll-Zustand für gewöhnlich abgeschlossen.
„Es ist ein schlechter Plan, der keine Änderung erlaubt“. Publilius Syrus[3]
Werden im Verlauf eines Planungsprozesses neue Erkenntnisse hinzugewonnen und/oder treten Ereignisse auf, die die Ausgangslage der anfänglichen Planungen umzustoßen in der Lage sind, ist der Plan zu ändern oder aber zu verwerfen.
Auf diese Weise können Pläne den sich ändernden Umständen und Anforderungen angepasst werden. Planrevisionen sind daher charakteristisch für Planungsprozesse. Sie sind kein „Fehler“.
©Dr. Armin Kutscher, 2025
Quellen
[1] Lichtenberg, Georg Christoph, Sudelbücher I, F 973, W. Promis (Hrsg.) dtv, München, 3. Auflage 1980, Seite 600.
[2] Sigmund Freud, 32. Vorlesung: Angst und Triebleben 1933, GW 15, Fischer Verlag, Frankfurt a. M., Dritte Auflage 1961, Seite 96.
[3] „Malum est consilium, quod mutari non potest“, Publilius Syrus (+ 40 v. Chr.), Sententiae, M, 54. Edited by R.A.H. Bickford-Smith, C.J. Clay and Sons, Cambridge University Press Warehouse, London 1895, Seite 23.
Abb. F. Romey
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